Nach fast sieben Jahren im "Wäschebusiness" war es Zeit für mich, zu DER Lingerie-Messe nach Paris zu fahren. Mit im Gepäck war meine langjährige Freundin Virginie, die mir sowohl als Dolmetscherin (was sie auch ist) als auch als Fotografin zur Seite stand. Nach einem kurzen petit dejeuner sind wir am Samstag schon früh auf die Messe gegangen. Auf dem ersten Blick gleicht die Messe jeder anderen:
Wir sind direkt zu dem interessantesten Bereich der Messe gegangen, zur "Exposed". Dort stellen sich kleinere, unabhängige Labels vor. Einige der Labels gehören bereits zu meinem Sortiment wie das derzeit coolste, deutsche Label "Opaak" oder das französische Swimwear Label "Albertine". In den engeren Kreis der Labels, die unter Umständen in der Linierie bald zu bewundern sind, kommen folgende:
1. "Le petit Trout" aus Polen, deren Wäschelinie aus Soft BHs besteht und die jeden Slip anhand einer "Öffnung" kennzeichnen. Neben der Wäsche gibt es auch ein paar wunderschöne Sommer- bzw. Hausslipper im Stil der 50er.
2. "Six" aus Schottland. Zunächst einmal erschrak ich, als die Designerin Kate mir mitteilte, dass es sich bei ihrer Wäschelinie um Still-BHs handelt, aber sie überzeugte mich von der Wichtigkeit, auch als stillende Frau schöne BHs zu tragen. Das hätte ich vor langer Zeit auch gebraucht!
3. "CDLP", das steht für "Un cadeau de la Providence" heißt, übersetzt "Ein Geschenk des Himmels". Dieses Label produziert einfache Männerslips, -pants und -shorts in sehr edlen Materialien und Farben. Die Männer (und Frauen) können sich auf etwas freuen.
Im Allgemeinen geht der Trend weiterhin zum Soft BH. Das, was vor Jahren, als wir die Linierie eröffnet haben, fehlte, gibt es jetzt in allen Farben und Textilien. Meiner Meinung nach fehlen leicht gepaddete BHs ohne Bügel, wie zum Beispiel der BH gepaddete Soft BH Sophie von Opaak.
Die Wäschebranche ist ja allgemein nicht mit der Modebranche (oder, wie man im Wäschebusiness sagt: Oberbekleidung) zu vergleichen. Das Altbackene ist zum einen tragisch-komisch, aber zum anderen sind die Menschen, die in der Wäschebranche arbeiten, nicht so überheblich und arrogant. Insgesamt ist die Stimmung sehr nett. Dennoch hat Virginie ein paar wirklich absurde Fotos gemacht....
Ebenso absurd auf der Messe waren die halbnackt herumlaufenden Models. Das ist natürlich normal, weil es schließlich um Unterwäsche geht. Warum aber müssen diese Models stets super hochhackige Schuhe tragen und so aussehen, als würden sie im nächsten "Maison Close" arbeiten. Da haben wir uns doch gefreut, als wir mal eine Frau ohne hochhackige Schuhe bei Albertine gesehen haben. Gerechter Weise muss ich hinzufügen, dass mir die Models sehr bei der Order geholfen haben. Sie wurden einem von den Labels bei einem Ordertermin zur Seite gestellt. An einem Menschen getragen kann man einen BH viel besser einschätzen als von der Stange. Auf einem Foto kann man mich mit einem sehr netten Model sehen - man achte auf die roten Socken! Da ich viele Fotos von Wäsche an den Models ohne deren Kopf gemacht habe, hat meine Freundin Model gefragt, ob sie ein Foto von ihrem Gesicht machen dürfte. Diese war so gerührt, dass sie Virginie daraufhin umarmt und fast angefangen hat, zu weinen. Zu guter Letzt: Männermodels. Die gibt es natürlich auch auf der Messe. Leider kann man sie nicht so ernst nehmen. Süß sieht er aus, der garçon français.
Nach einer Modenschau, vielen Ordern, Neuentdeckungen und einem "Kaffeekränzchen" mit anderen deutschen Händlern, sind wir erschöpft aber gut gelaunt nach Hause bzw. in das Pariser Nachtleben weitergezogen. Am nächsten Tag ging es mit einem "Bra Fitting"-Vortrag weiter. Dazu kann ich Euch Kundinnen beruhigen: Das Meiste wusste ich schon, aber ich habe auch den einen oder anderen Tipp mitgenommen. Das Model war übrigens so groß, dass die Moderatorin beim Abmessen des Busens genau auf dessen Busenhöhe war. Ein sehr schönes Bild...
Im Großen und Ganzen war es eine sehr gute Erfahrung und ich wurde dadurch bestätigt, wie viel Spaß mir Wäsche nach wie vor macht und wie sehr ich mich darauf freue, Euch Kundinnen auch in Zukunft in schöne Wäsche zu kleiden!
Paris: À l´année prochaine!